Deutsches Team

Huth: "Wir kämpfen auch blutverschmiert weiter"

Svenja Huth soll die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Frankreich (07.06.-07.07.2019) anführen. Im Interview mit den Radiowellen der ARD sprach die Vize-Kapitänin über ihre Verletzung, einen vieldiskutierten Werbespot und den Frauenfußball.

Mit dem ersten Gruppenspiel gegen China am Samstag (8.6.2019/15:00 Uhr, live im Ersten und bei sportschau.de) wird es für die DFB-Frauen bei der Weltmeisterschaft in Frankreich ernst. Die öffentliche Aufmerksamkeit wächst stetig. Vize-Kapitänin Svenja Huth stellte sich am Mittwoch (05.06.2019) hintereinander den Fragen von neun ARD-Radiowellen. Dabei ging es natürlich um die Verletzung der 28-Jährigen aus dem Chile-Spiel, wegen der sie die ersten Trainingseinheiten mit dem Team in Frankreich verpasst hat, aber auch viele andere Themen. Sportschau.de hat bei allen Interviews mitgehört.

Frau Huth, das Wichtigste zuerst: Sie waren durch eine Verletzung gehandicapt, werden Sie wieder fit sein bis zum ersten Spiel?

Nationalspielerin Svenja Huth © sportschau.de Foto: Florian Neuhauss

Nationalspielerin Svenja Huth wirkte drei Tage vor dem ersten WM-Spiel des DFB-Teams noch ganz entspannt.

Svenja Huth: Ich habe beim letzten Länderspiel gegen Chile einen Schlag auf den Fuß bekommen, war am Dienstag individuell im Kraftraum und habe da mein Programm absolviert. Das war eine Vorsichtsmaßnahme, um dem Fuß noch einen Tag länger Zeit zu geben. Einem Einsatz am Samstag steht aber nichts im Weg.

Wächst so langsam die Anspannung vor dem ersten Match?

Huth: Je näher der Samstag rückt, desto größer wird die Vorfreude, und natürlich steigt auch die Anspannung. Auf dem Trainingsplatz wollen wir uns noch die letzten Prozent holen. Wir werden optimal vorbereitet sein - und was könnte es als Fußballerin Schöneres geben, als das eigene Land bei einer WM zu vertreten.  

Wie viel WM-Stimmung herrscht in Frankreich?

Huth: Die Atmosphäre ist sehr schön. Das haben wir schon im Februar gemerkt, als wir hier gegen Frankreich gespielt haben. Da hingen in der Stadt Plakate, das Stadion war ausverkauft, alle haben mit großer Euphorie die französische Nationalhymne mitgesungen und natürlich auch mitgefiebert. In unserem DFB-Lager merkt man jetzt daran, dass viele Kameras vor Ort sind, dass das mediale Interesse in Deutschland steigt.

Ist in Frankreich die Stimmung beim Frauenfußball besser als in Deutschland?

Huth: Das würde ich nicht unbedingt sagen. Bei unserem letzten Vorbereitungsländerspiel in Regensburg gegen Chile hatten wir 10.000 Zuschauer. Man merkt auch in Deutschland, dass vor so einem großen Turnier die Aufmerksamkeit wieder wächst. Wir wünschen uns natürlich, dass das während, aber auch nach der Weltmeisterschaft anhält. Wir merken, dass in anderen Ländern wie Spanien, England und Frankreich bei Ligaspielen die Stadien gefüllt sind.

Zur Frauen-WM gibt es ein Panini-Sammelalbum. Sammeln die Spielerinnen auch selbst?

Huth: Ja, wir haben Panini-Sammelhefte und sammeln. Zu Hause holt auch mein Papa sich die Sticker, um sie einzukleben. Das WM-Fieber hat auf jeden Fall alle gepackt (lacht).

Und tauschen Sie im Bus dann auch untereinander?

Huth: So weit war es jetzt noch nicht, weil wir die doppelten Bilder zu Hause in der Verwandtschaft weitergeben, damit auch da die Hefte voll werden. Aber je länger so ein Turnier geht und je mehr Sticker man bekommt, desto mehr wird sicher auch mal untereinander getauscht.  

Nationalspielerin Anja Mittag (l.) mit Lena Goeßling © picture alliance / Pressefoto Baumann Foto: Julia Rahn

DJane bei den DFB-Frauen: Erst Anja Mittag (l.), dann Lena Goeßling.

Was für Musik läuft bei Ihnen in der Kabine, wenn Sie sich fürs nächste Spiel aufheizen?

Huth: Wir haben kein bestimmtes Lied, in der Playlist laufen ganz bunte, verschiedene Lieder. Aktuell ist natürlich von Ed Sheeran und Justin Bieber "I don't care" ganz hoch Kurs. Aber auch viele spanische Titel - die bringen immer gute Laune in die Kabine. Wir sind da sehr flexibel. Früher hat Anja Mittag die Musik gemacht, aktuell ist Lena Goeßling unsere DJane und hat das alles im Griff.

Sie haben ja einen sehr witzigen Videoclip gedreht - "Wir brauchen keine Eier, wir haben Pferdeschwänze". Der Clip geht im Internet durch die Decke. Was hat Ihnen dabei am meisten Spaß gemacht?

Huth: Dass wir wirklich so sein konnten, wie wir sind: authentisch, sympathisch, aber auch humorvoll. Und das bei den Spots auch auf den Punkt zu bringen. Wir haben unheimlich viel Rückmeldung bekommen - fast durchweg positiv. So merken wir im Nachhinein, dass es richtig war, solche Spots zu drehen.

Wie läuft es mit der neuen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg?

Huth: Es läuft sehr gut. Wir haben sie jetzt seit Anfang des Jahres und uns im Januar direkt in Marbella zu einem Trainingslager getroffen. Die Arbeit mit ihr und dem gesamten Trainerteam macht sehr viel Spaß. Auf dem Platz wird sehr akribisch und im Detail gearbeitet. Da werden Spielzüge angehalten, weil die Trainer genaue Vorstellungen haben und auch sagen, dass es gerade, wenn man gegen starke Nationen spielt, auf diese kleinen Details ankommt. Ich glaube, diese Mischung zwischen konzentrierter Arbeit und Fokussierung auf der einen und Spaß und Kommunikation auf der anderen Seite ist im Moment sehr gut.

Die deutsche Nationalspielerin Svenja Huth © imago/photoarena Foto: Eisenhuth

Svenja Huth ist unter der neuen Bundestrainerin Vize-Kapitänin.

Gehört Deutschland zu den Titelfavoriten?

Huth: Ich denke, dass wir zum Favoritenkreis gehören. Aber der internationale Frauenfußball ist in den letzten Jahren sehr eng zusammengerückt, es gibt mittlerweile viele Nationen, die wirklich auch die Ambition haben, Weltmeister zu werden. Für mich gehören dazu Frankreich, England, der amtierende Europameister Holland und natürlich Deutschland, aber auch die USA, Brasilien und Kanada.

Ein Vergleich mit den Männern: Stichwort Neymar, der die halbe Spielzeit rollend auf dem Boden verbringt. Das sieht man beim Frauenfußball so gar nicht. Was denken Sie, wenn Sie so einen Neymar sehen?

Huth: Mich hat er ehrlich gesagt beim letzten Turnier ein bisschen genervt, weil das schon zu viel Show war. Ich glaube, man weiß das auch beim Frauenfußball zu schätzen, dass wir mit blutiger Nase und blutverschmiert rumlaufen und einfach weiterkämpfen. Da gibt es im Männerfußball den einen oder anderen, der das ein bisschen übertreibt.

Aufgezeichnet von Florian Neuhauss in Rennes

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Das deutsche Aufgebot für die WM in Frankreich

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 08.06.2019 | 16:00 Uhr

Stand: 06.06.19 10:16 Uhr