Die Niederländerinnen Lieke Martens (2.v.l.) trifft per Freistoß gegen Schweden. © imago/Pro Shots

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"Oranje" oder Schweden - Wer überrascht noch einmal?

Die Niederlande oder Schweden im Endspiel der Fußball-WM? Damit war vor Turnierbeginn nicht unbedingt zu rechnen gewesen. Doch die beiden Außenseiter-Teams leben ihren Traum - und glauben an ihre Chance. Ihr Vorteil: Auf ihnen lastet nur der Druck, den sie sich selbst machen.

Wenn im Grand Stade de Lyon in Lyon heute Abend (03.07.19, 21.00 Uhr, live im Ersten und auf sportschau.de) das zweite Halbfinale der WM in Frankreich angepfiffen wird, geht für die Niederländerinnen zumindest schon mal ein kleiner Traum in Erfüllung. Die "Oranjeleeuwinnen" stehen - bei ihrer zweiten Teilnahme nach 2015 - zum ersten Mal in der Vorschlussrunde einer Weltmeisterschaft. Klar, dass es nach dem 2:0 im Viertelfinale gegen Italien jetzt nur ein Ziel gibt: den Einzug ins Endspiel am Sonntag (07.07.19, 17.00 Uhr, ebenfalls live im Ersten und auf sportschau.de).

Doch die Hürde, die es dafür zu überspringen gilt, liegt einigermaßen hoch: Die Gegnerinnen aus Schweden gehen nach dem Viertelfinal-Triumph gegen Deutschland mit sehr viel Selbstvertrauen in die sechste Turnierpartie. Nach 2003 (1:2 gegen Deutschland nach Golden Goal) soll die zweite WM-Finalteilnahme klargemacht werden.

Martens: "Wir wollen Geschichte schreiben"

Beide Teams waren vor WM-Beginn nicht zu den ganz großen Favoritinnen auf den WM-Triumph oder für die Finalteilnahme gezählt worden, Außenseiterchancen wurden ihnen aber sehr wohl eingeräumt.

Den größten Druck machten und machen sich die beiden Halbfinal-Kontrahenten selber - ganz nach dem Motto: "Nur wer sich hohe Ziele setzt, kann sie auch erreichen. "Vor der WM haben alle in Holland gesagt, dass wir Weltmeister werden. Das hat uns unter Druck gesetzt", sagte die 22 Jahre alte Stürmerin Vivianne Miedema vom FC Arsenal, die bei dieser WM bisher dreimal getroffen hat und mit 61 Toren niederländische Rekordschützin im Nationaltrikot ist. "Anfangs haben wir deshalb nicht gut gespielt, aber jetzt sind wir wieder im Flow. Unsere Fans geben uns so viel Energie." Und Stürmerin Lieke Martens vom FC Barcelona ergänzte: "Wir wollen Geschichte schreiben."

In Lyon muss der farbenfrohe und fröhlich-laute "Fanmarsch in Oranje" zum Stadion aus Sicherheitsgründen ausfallen. Nach einem Anschlag Ende Mai, bei dem 13 Menschen im Zentrum durch eine Paketbombe verletzt wurden, haben die Behörden laut der Zeitung "AD" den "Partyzug" verboten. Im Stadion können die Europameisterinnen aber mit lautstarker Unterstützung rechnen.

Schweden hat EM-Viertelfinal-Aus 2017 abgehakt

Das bislang letzte Aufeinandertreffen zwischen den Niederlanden und Schweden bei einem Turnier war 2017 im EM-Viertelfinale. Oranje gewann durch Treffer von Martens und Miedema mit 2:0, setzte sich danach im Halbfinale mit 3:0 gegen England durch und schlug im Endspiel Dänemark mit 4:2. Die Euphoriewelle, auf der die Niederländerinnen seitdem reiten, möchte Schweden nur zu gerne stoppen. Mit dafür sorgen soll unter anderem die nicht erst seit dem Triumph gegen die DFB-Elf selbstbewusste Innenverteidigerin Nilla Fischer. "Das ist eines der größten Spiele meiner Karriere", sagte die 33-Jährige, die nach sechs Jahren beim VfL Wolfsburg in diesem Sommer zurück in die schwedische Heimat wechselt. "Als wir hierher gekommen sind, haben wir von Gold geträumt. Jetzt müssen wir alles geben, um es ins Finale zu schaffen."

Ihr Trainer Peter Gerhardsson hat großes Vertrauen in seine Mannschaft - und hofft, dass sie wie gegen Deutschland ihre Außenseiterrolle zu nutzen versteht: "Wir wussten, dass wir so weit kommen können. Ich habe schon oft gesagt, dass wir alle Chancen haben." Das Viertelfinal-Aus bei der EM 2017 habe man abgehakt ("Das war keine schöne Sache, aber wir wollen neue Bilder zeichnen"), auch das Fehlen der gelbgesperrten Neu-Wolfsburgerin Fridolina Rolfö soll die Schwedinnen nicht von ihrem bis jetzt so erfolgreichen Weg abbringen. Einen Statistik-Fakt lesen die Skandinavierinnen, die zum vierten Mal in einem WM-Halbfinale stehen, sicher gerne: Bei allen Turnieren, in denen Deutschland nicht Weltmeister wurde, gewann am Ende das Team den Titel, das die DFB-Elf aus dem Turnier beförderte!

Wiedersehen in Tokio 2020

Die Niederländerin Vivianne Miedema (3.v.r.) wird für einen Treffer gefeiert. © imago/Bildbryan

2017 jubelten die Niederländerinnen beim 2:0 im EM-Viertelfinale gegen Schweden.

Oranje oder Blau-Gelb? Vor dem Anpfiff des zweiten Halbfinals vor etwa 50.000 Zuschauern in Lyon ist eine Prognose für den Ausgang des Spiels schwierig. Sicher ist nur eins: Wem von beiden auch immer der Einzug ins Endspiel gelingt: Am Sonntag geht man als klarer Außenseiter ins letzte Spiel des Turniers gegen Titelverteidiger USA. Sicher keine schlechte Ausgangsposition, um am Ende vielleicht als Überraschungs-Weltmeister 2019 dazustehen.

Und wenn es nicht so kommen sollte, ist zumindest eines gewiss: Im kommenden Jahr sind die Niederländerinnen und die Schwedinnen - zusammen mit England - dank des diesjährigen WM-Halbfinaleinzugs als europäische Teams beim Olympia-Turnier in Tokio dabei. Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien - sie alle werden dann neidisch nach Asien schauen. Und neidlos anerkennen müssen: In Frankreich waren Oranje und Blau-Gelb einfach besser als (fast) alle anderen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 03.07.2019 | 20:15 Uhr

Stand: 03.07.19 00:01 Uhr