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Australien-Torjägerin Kerr - Alle lieben "Sam"

Samantha Kerr ist nicht erst seit ihren vier Toren im WM-Spiel gegen Jamaika in Australien ein Superstar. Dabei wird die 25-Jährige in Down Under nicht nur wegen ihrer vielen Treffer bewundert und geliebt.

Kurz vor seinem Karriere-Ende als aktiver Fußballer schlenderte Bobby Despotovski vor zwölf Jahren hin und wieder über das Trainingsgelände von Perth Glory, um die Jugendmannschaften des Vereins bei deren Übungseinheiten zu beobachten. Die Klublegende - spielte von 1996 bis 2004 und 2005 bis 2007 für Perth - tat dies, weil er selbst eine Laufbahn als Coach einschlagen und dafür Eindrücke sammeln wollte. Dabei fiel Despotovski beim Training des Frauen-Teams ein junges Mädchen auf, das sich in puncto Ballbeherrschung, Tempo und Handlungsschnelligkeit deutlich von ihren Mannschaftskameradinnen unterschied. "Ich sah sie rennen und spielen und dachte mir, dass dieses Mädchen das Talent hat, eine der besten Fußballerinnen der Welt zu werden", erklärte der 47-Jährige jüngst dem TV-Sender "CNN".

Sein Gefühl täuschte ihn nicht. Denn heute ist Samantha May Kerr, die von allen nur "Sam" gerufen wird, fraglos eine der besten Kickerinnen des Planeten. Den Beweis für ihre Extraklasse lieferte die 25-Jährige am Dienstag (18.06.19) im WM-Gruppenspiel Australiens gegen Jamaika abermals ab. Mit vier Toren schoss Kerr die "Matildas" beim 4:1-Erfolg praktisch im Alleingang ins Achtelfinale.

Routine im Aufstellen von Rekorden

Die australische Nationalspielerin Samantha "Sam" Kerr im Trikot von Perth Glory © imago images / Action Plus

Kerr spielt für zwei Klubs: die Chicago Red Stars und Perth Glory.

"Sie ist eine begeisternde Führungsspielerin. Wir als australische Fußball-Gemeinschaft müssen dankbar sein, dass wir eine der besten Fußballerinnen der Welt in unseren Reihen haben. Ich habe das große Glück, mit ihr zusammenarbeiten und sie trainieren zu dürfen", lobte Australiens Coach Ante Milicic seine Matchwinnerin und Kapitänin nach deren Gala-Auftritt in Grenoble. Die Angreiferin, die bereits als 15-Jährige ihr Nationalmannschafts-Debüt feierte, schrieb an diesem Abend Geschichte. Nie zuvor war es einer australischen Fußballerin oder einem australischen Fußballer gelungen, vier Treffer in einer WM-Partie zu erzielen. Doch das Aufstellen von Rekorden ist für Kerr längst zur Routine geworden.

Sowohl in der American National Women's Soccer League als auch in der heimischen W-League führte sie mit nur 25 Jahren die Liste der erfolgreichsten Torschützinnen aller Zeiten an. Wie das möglich ist? Kerr pendelt zwischen den USA und Australien. Wenn in Amerika die Saison läuft, spielt die Stürmerin für die Chicago Red Stars. Nach Beendigung der dortigen Serie schnürt sie dann ihre Stiefel für Perth Glory. Ihr Coach dort heißt übrigens: Bobby Despotovski.

"Sie will sich immer verbessern"

Und der 47-Jährige kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus, wenn er über Kerr spricht. "Sie will sich immer weiter verbessern", sagte Despotovski zu "CNN" und gab sogleich einen kleinen Einblick in den Arbeits-Alltag mit der Nationalspielerin: "Sie kommt zu jeder Trainingseinheit und nimmt die jungen Spielerinnen, die bei uns im Kader stehen, unter ihre Fittiche. Sie versucht, ihre
Einstellung und ihre Arbeitsmoral an sie weiterzugeben." Kerr sei mit ihren erst 25 Jahren "schon sehr erwachsen", ergänzte ihr Entdecker. Und so ist die Stürmerin nicht nur wegen ihrer herausragenden sportlichen Qualitäten das Gesicht des australischen Frauenfußballs geworden. Ihr stets bescheidenes und seriöses Auftreten macht sie ebenfalls zum Vorbild für viele Nachwuchskickerinnen.

Fußball-Heldin und Werbestar

Die australische Nationalspielerin Samantha "Sam" Kerr © imago images / Jan Huebner

Hat nicht nur wegen ihrer vier Tore gegen Jamaika gut lachen: Kerr ist in ihrer Heimat nicht nur Fußball-Heldin, sondern auch Werbestar.

Das macht sich für Kerr im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt. Die Federation Football Australia, der Dachverband der australischen Fußballklubs, hat mit ihr einen Vertrag über 690.000 US-Dollar Gehalt jährlich abgeschlossen, damit sie weiter in der heimischen W-League auf Torejagd geht. Zudem ist die 25-Jährige das Gesicht einer Werbekampagne eines großen US-amerikanischen Sportartikelherstellers in Down Under. Und "nebenbei" hat Kerr ja auch noch die Einkünfte von den Chicago Red Stars. Sie ist eine der bestbezahlten Frauenfußballerinnen der Welt.

"Ich liebe es einfach, Tore zu schießen"

Aber noch längst nicht satt, wie ihre Gala-Vorstellung gegen Jamaika zeigte. "Ich liebe es einfach, Tore zu schießen und will es auch weiterhin tun", sagte Kerr nach der Partie. Ihre eigene Leistung wollte die "Matildas"-Kapitänin dabei aber nicht in den Vordergrund stellen: "Das Wichtigiste ist immer die Mannschaft. Wen interessiert es, wer die Tore geschossen hat? Wir haben das Spiel gewonnen und sind Zweiter in der Gruppe geworden." Und weil die Australierinnen durch ihren hohen Sieg die Gruppenphase vor den punktgleichen Brasilianerinnen (gewannen 1:0 gegen Italien) beendeten, wartet nun am kommenden Samstag (22.06.19) Norwegen in Nizza als Achtelfinal-Gegner auf sie.

"Das ist eine gute europäische Mannschaft, gegen die wir noch nicht allzu oft gespielt haben. Also konzentrieren wir uns auf uns selbst", kündigte Kerr an. Es ist derweil davon auszugehen, dass sich die Skandinavierinnen - und besonders deren Verteidigerinnen - ganz besonders auf Australiens Nummer 20 konzentrieren werden ...

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 17.06.2019 | 18:00 Uhr

Stand: 19.06.19 12:57 Uhr