Deutsches Team

Sieg gegen China: Die Jüngste weist den Weg

von Florian Neuhauss aus Rennes

Hauptsache gewonnen! Nach dem 1:0 gegen China können die DFB-Frauen durchatmen. Nicht zuletzt dank Lena Oberdorf. Die Einwechslung der 17-Jährigen war der Schlüssel zum Auftakterfolg.

Die deutsche Frauenfußball-Nationalspielerin Lena Sophie Oberdorf (r.) und Chinas Ruyin Tan © picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa Foto: Sebastian Gollnow

Lena Oberdorf (r.) behauptet im Zweikampf den Ball.

Es war, als hätte jemand dem deutschen Team den Stecker gezogen. Mit mehr Glück als Verstand hatten die DFB-Frauen gegen China das 0:0 in die Kabine gerettet. Und was tat Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg? Sie wechselte zur zweiten Hälfte mit Lena Oberdorf ausgerechnet die jüngste Spielerin des Kaders ein, "um mit Lenas Körperlichkeit" gegen das harte Spiel der Chinesinnen zu halten. Und die kräftige 17-Jährige zahlte das Vertrauen sofort zurück, warf sich in jeden Zweikampf - erst im defensiven Mittelfeld, später in der Innenverteidigung. Die 1,74-Meter-Frau hatte großen Anteil daran, dass die Asiatinnen keine ernsthafte Torchance mehr hatten. "Ich war viel nervöser als vor meinem Debüt. Auf dem Platz habe ich aber alles ausgeblendet", sagte Oberdorf, die neben dem Training in Frankreich schon zwei Klassenarbeiten im Teamhotel geschrieben hat, nach ihrem erst vierten Länderspieleinsatz strahlend.

Es passte ins Bild, dass Giulia Gwinn als zweitjüngste Spielerin auf dem Platz den 1:0-Siegtreffer erzielte. Die Youngster retteten Deutschland den WM-Auftakt.

Harte Gangart sorgt für Frust - fällt Marozsán aus?

Nach dem Spiel versuchten alle Beteiligten den starken Leistungseinbruch in der ersten Hälfte zu erklären. "Wir haben wirklich gut angefangen, und hätten auch das 1:0 machen können", befand Verteidigerin Sara Doorsoun. Doch die Gangart der Chinesinnen zeigte mit fortlaufender Spieldauer immer mehr Wirkung. So ließen sich die DFB-Frauen den Schneid abkaufen. "Es war vorher klar, dass sie um ihre Fußball-Ehre kämpfen würden und zeigen wollten, dass sie wieder zur Weltspitze gehören. Aber viele Zweikämpfe waren schon grenzwertig", meinte Torhüterin Almuth Schult, die um ein Haar einen Tritt ins Gesicht bekommen hätte. "Ekelig" fand Doorsoun die Duelle um den Ball. Marina Hegering, die ein Veilchen davongetragen hatte, ärgerte sich: "Ich hätte auch gern ausgeteilt, aber ich hatte keine Gelegenheit dazu."

Dzsenifer Marozsán, Carolin Simon, Melanie Leupolz und Alexandra Popp gingen nach harten Zweikämpfen auf dem Platz zu Boden. "Es sind fast alle Spielerinnen angeschlagen", sagte Voss-Tecklenburg bei der Pressekonferenz. Am schlimmsten hat es offenbar Marozsán erwischt: "Der Fuß sieht nicht gut aus." Am Sonntag zeigte sich dass der angeschwollene Knöchel eine Behandlung in den kommenden Tagen nötig macht. Ein Einsatz am Mittwoch gegen Spanien ist unsicher.

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Einzelkritik - Hegering überragt, Gwinn trifft herrlich

"MVT" kritisiert ihr Team deutlich

Die Bundestrainerin übte aber auch Kritik am eigenen Team: "Es lag nicht nur an der Härte, das wäre mir zu einfach." Die 51-Jährige bemängelte "unnötige Fehlpässe und lange Bälle, die schnell wieder zurückkamen. Das kann das Team besser. So haben wir uns selbst rausgebracht."

Angesprochen durfte sich dabei besonders Doorsoun fühlen - und die zeigte sich nach mehreren dicken Böcken im Spielaufbau einsichtig. "Wir hatten viele individuelle Fehler, auch von mir", gestand die 27-Jährige ein. Umso größer war ihre Erleichterung, "dass wir die Fehler in der zweiten Hälfte abgestellt haben und Giuli den Ball reingehauen hat".

Popp: "Jetzt sind wir im Turnier drin"

Die deutschen Frauenfußball-Nationalspielerinnen bejubeln einen Treffer. © Witters Foto: ValeriaWitters

Die DFB-Frauen bejubeln den Treffer von Giulia Gwinn.

Nicht unterschlagen werden darf allerdings, dass die deutschen Frauen trotz des Sieges auch in der zweiten Hälfte nicht zu überzeugen wussten. "MVT" versuchte zwar alles, doch ob ihr Team nun im 4-4-2, 4-5-1 oder mit defensiver Dreierkette agierte, so recht in Fahrt kam das Spiel nicht. Was sicher auch daran lag, dass man Marozsán die frühe Verletzung deutlich anmerkte. Doch ihre Ecke war es, die über Umwege bei Gwinn landete und so zum Tor führte. "Bezeichnend" fand es Leupolz, dass eine Standardsituation das Spiel entschied. "Wir haben Glück gehabt, dass die Chinesinnen nicht in Führung gegangen sind. Aber am Ende ist nur wichtig, dass wir gewonnen haben", sagte Sara Däbritz und Kapitänin Popp fügte hinzu: "Jetzt sind wir im Turnier drin."

Voss-Tecklenburg: "Widerstände überwinden"

Darauf setzt auch Voss-Tecklenburg: "Es ist wichtig, dass wir diese Erfahrung gemacht haben. Auf unserem Weg müssen wir Widerstände überwinden. Und die Mannschaft war bereit, sich durchzubeißen." Gegen die Spanierinnen erwarte ihr Team wieder "eine ganz andere Mannschaft". Bis Mittwoch (12.6.2019/18 Uhr) gelte es nun, wieder körperlich und geistig frisch zu werden. Welche Spielerinnen ihr gegen die Ibererinnen zur Verfügung stehen, zeigt sich erst in den kommenden Tagen. So oder so will "MVT" das Gute aus dem Spiel ziehen - womit wir wieder bei den Jüngsten wären. Auf die war gegen China nämlich Verlass.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 08.06.2019 | 16:00 Uhr

Stand: 09.06.19 10:34 Uhr