
Deutsches Team
Deutschland müht sich zum Sieg gegen China
von Uli Petersen
Aller Anfang ist schwer: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Frauen ist zwar mit einem Sieg ins WM-Turnier in Frankreich gestartet. Gegen China zeigte die DFB-Elf aber nur eine mittelmäßige Leistung. Matchwinnerin war ausgerechnet eine der jungen Hoffnungsträgerinnen im deutschen Team.
Ohne Druck und mit viel Spaß - so wolle man ins WM-Turnier gehen und das enttäuschende EM-Viertelfinal-Aus in den Niederlanden vor zwei Jahren vergessen machen. Diese "lockeren" Worte, die das DFB-Team vor Beginn der Weltmeisterschaft in Frankreich immer und immer wieder mit Nachdruck betont hatte, galt es nun am Samstag (08.06.2019) mit Leben zu füllen.
Das gelang gegen China im ersten Vorrundenspiel der Gruppe B zwar nur bedingt, aber: Am Ende von umkämpften 90 Minuten sind die erhofften drei Punkte auf der Habenseite. Ein Treffer des erst 19-jährigen WM-Neulings Giulia Gwinn Mitte der zweiten Halbzeit entschied die Partie mit 1:0 (0:0) zugunsten des deutschen Teams. "Das war harte Arbeit und Teamworking. Auch wenn es nicht schön war: Diesen Einstand haben wir gebraucht", sagte Bundestrainer Martina Voss-Tecklenburg nach dem Spiel im Ersten.
Simons Flanke landet an der Latte
Ihre Mannschaft hatte an diesem wechselnd-bewölkten Nachmittag in Rennes mehr mit den robust spielenden Gegnerinnen zu kämpfen, als ihr lieb sein durfte. Gleich zu Beginn der Partie - nachdem es zuvor mit strahlenden Gesichtern durch die Katakomben auf den Platz gegangen war - zeigte sich das DFB-Team zwar mit dem nötigen Zug zum gegnerischen Tor. Nach einem Distanzschuss von Sara Däbritz, der nur knapp am rechten Pfosten vorbeiflog (3.), dauerte es aber einige Zeit bis zur nächsten guten Gelegenheit für die DFB-Elf - die noch dazu von Kommissar Zufall begünstigt war: Nach einer Ecke traf Carolin Simon bei einer Flanke von rechts die Latte (17.). Auch ein Kopfball von Alexandra Popp (20.) fand nicht den Weg ins Tor.
Neuer Abschnitt
Deutsches Team
Einzelkritik - Hegering überragt, Gwinn trifft herrlich
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Almuth Schult: Souveräner Auftritt der deutschen Torhüterin, die ein ums andere Mal die Schnitzer ihrer Vorderleute ausbügeln musste. Vor allem ihr offensichtlich zur Schau getragenes Selbstvertrauen tat ihren Mannschaftskameradinnen gut.
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Carolin Simon: Die Linksverteidigerin begann sehr stark, hatte zunächst viele gute Offensivaktionen auf der Außenbahn. Es fehlte aber die letzte Präzision in der Vorbereitung der Tormöglichkeiten. So blieb das Bemühen ohne Ertrag. Auch weil eine lange Flanke nur an die Querlatte klatschte. Mit Fortlauf der Partie wurden die Dinge schwieriger. Die Chinesinnen ließen auch ihr weniger Raum und stoppten die 26-Jährige von Olympique Lyon. Wurde zur Halbzeit ausgewechselt.
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Marina Hegering: Die 29-Jährige aus Essen, die erst ihr viertes Länderspiel absolvierte, war die positive Überraschung im deutschen Team. Neben der aufgeregt wirkenden Sara Doorsoun gab sie den Ruhepol in der deutschen Innenverteidigung. Mit gutem Auge und gutem Timing in den Zweikämpfen - ein stabiler Faktor im deutschen Team.
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Sara Doorsoun: Die Innenverteidigerin aus Wolfsburg hatte sichtlich mit großer Nervosität zu kämpfen. Spielte vor allem in der ersten Hälfte teils katastrophale Fehlpässe, wirkte am Ball stets etwas hibbelig. Steigerte sich im zweiten Durchgang.
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Kathrin Hendrich: Erhielt auf der rechten Abwehrseite den Vorzug vor Lea Schüller und lieferte eine solide Partie ab. Allerdings: Das deutsche Team spielte nicht sehr häufig über ihre rechte Seite, bevorzugte die andere Seite für den Spielaufbau. So blieb Hendrich weitgehend unauffällig.
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Sara Däbritz: Ihr großes technisches Potenzial und Geschmeidigkeit blitzten ein paar Mal auf - beispielsweise bei einem guten Distanzschuss gleich in der Anfangsphase, der das Tor nur knapp verfehlte. Allerdings zeigte sie solches viel zu selten. Dzsenifer Marozsán hätte die Unterstützung ihrer Nebenfrau häufiger benötigt, um mehr Druck auf die chinesische Abwehr ausüben zu können. Insgesamt einfach etwas zu zurückhaltend.
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Melanie Leupolz: Die heimliche Chefin im deutschen Spiel. Auf der Sechserposition stopfte sie viele Löcher, mit guter Pass-Sicherheit im Spiel nach vorn. Guter Auftritt der 25-Jährigen vom FC Bayern. Ihre Auswechslung nach knapp 70 Minuten kam etwas überraschend.
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Svenja Huth: Agil, quirlig, bemüht - aber glücklos. Die 28-Jährige von Turbine Potsdam sorgte neben Alexandra Popp für viel Bewegung im deutschen Angriff. War sie aber in der gefährlichen Zone am Ball, agierte zu meist zu hektisch und ungenau.
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Dzsenifer Marozsán: Schon nach rund zehn Minuten bekam die deutsche Spielmacherin einen harten Schlag auf den Fuß und war fortan sichtlich etwas beeinträchtigt. Konnte das Spielgeschehen nicht wie gewohnt an sich ziehen, wenngleich sie hin und wieder dann doch ihr gewaltiges spielerisches Können aufblitzen ließ.
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Giulia Gwinn: Was für Däbritz gilt, muss sich auch die 19-jährige Freiburgerin gefallen lassen: Insgesamt zu wenig Aktionen nach vorn, sie sollte auf ihrer Position im offensiven Mittelfeld mehr Verantwortung übernehmen. Das hat in der Pause offenbar auch die Bundestrainerin moniert - Gwinns herrlicher Distanzschuss zum 1:0 war Resultat einer im zweiten Abschnitt mutigeren Spielweise.
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Alexandra Popp: Aua, Alexandra Popp. Die deutsche Kapitänin musste gegen die Chinesinnen so einiges einstecken, wurde ein ums andere Mal hart angegangen. Schmerzhaft vor allem ein Umknicken nach einem Kopfball. War also auch früh angeschlagen, was man ihrem Spiel dann auch ansah. Kaum Torszenen.
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Lena Sophie Oberdorf (ab 46. für Carolin Simon): Im zweiten Durchgang legte das deutsche Team etwas zu - in den nun besseren Spielfluss fügte sich auch die junge Oberdorf gut ein. Einige gute Offensivakzente über links.
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Lina Magull (ab 63. für Melanie Leupolz): Kam über die rechte Seite und arbeitete gut gegen die quirligen Chinesinnen. War gleich gut im Spiel, sehr aktiv.
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Lea Schüller (ab 85. für Svenja Huth): Hatte keine Gelegenheit mehr, sich auszuzeichnen.
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Martina Voss-Tecklenburg: Die Bundestrainerin stand in der ersten Halbzeit mehrmals kopfschüttelnd an der Seitenlinie. Etwas hilflos musste sie mit ansehen, wie die körperlich robusten Chinesinnen ihren Schützlingen den Schneid abkauften. Nach dem Seitenwechsel stellte sie vorne etwas um, sodass auch ihre junge WM-Debütantin Giulia Gwinn mehr Platz in der gefährlichen Zone vor dem Tor bekam. Das zahlte sich am Ende aus.
Chinas Spielweise behagt Deutschland gar nicht
Das Spiel vor 15.283 Zuschauern entwickelte sich in der Folge ganz anders, als es wohl im Matchplan von Trainerin Voss-Tecklenburg gestanden hatte: An der Seitenlinie schüttelte sie nicht nur einmal unzufrieden den Kopf. Chinas defensiv ein- und aufgestelltes Team unterband den deutschen Spielaufbau immer wieder mit harter Zweikampfführung. Nicht nur Dzsenifer Marozsán, Alexandra Popp und Simon bekamen das schmerzhaft zu spüren.
Die Spielerinnen des DFB-Teams agierten zunehmend nervös und konfus, von den erfahrenen Marozsán und Popp war vorne nichts mehr zu sehen. Die auf Konter lauernden Chinesinnen profitierten ihrerseits von Fehlern in der deutschen Abwehr, nutzten die sich daraus ergebenen Chancen aber nicht: Shanshan Wangs Schuss aus spitzem Winkel wurde geblockt (14.), Yang Lis Versuch aus 15 Metern landete am rechten Pfosten (44.) - und in der Nachspielzeit vertändelten die Asiatinnen im Strafraum, anstatt aus freier Schussbahn abzuschließen.
Chinesische Abwehr hält lange dicht
Zum zweiten Abschnitt nahm Trainerin Voss-Tecklenburg die angeschlagene Simon aus dem Team, für sie verteidigte hinten links Lena Oberdorf. China hatte nach einem Foul von Sara Doorsoun schon vor der Pause die verletzte Jiahui Lou auswechseln müssen, brachte nun Shanshan Wang für Wei Yao. Auf dem Platz änderte sich zumindest etwas: Die deutsche Abwehr machte keine Fehler mehr, ließ keine Chancen der Chinesinnen mehr zu. Da die Asiatinnen ihrerseits aber den eigenen Strafraum weiter genauso konsequent abschirmten, wie sie konsequent in die Zweikämpfe gingen, kam das DFB-Team zunächst nur zu ungefährlichen Versuchen aus der Distanz. Popp (47.) und Däbritz (56., 61.) blieben glücklos.
Erleichterung und eine wichtige Erkenntnis
Mit Gwinns Treffer nach einer Marozsán-Ecke in der 66. Minute änderten sich dann die Vorzeichen: Das DFB-Team verlegte sich aufs Verteidigen, China lief vergeblich an. In der gesamten zweiten Halbzeit brachten die Asiatinnen keinen Schuss aufs Tor von Almuth Schult zustande. "Wir haben uns durchgebissen und am Ende verdient gewonnen", befand Spielführerin Popp nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichterin Marie-Soleil Beaudoin aus Kanada. Die Anspannung in den Gesichtern der deutschen Spielerinnen wich langsam, Erleichterung machte sich breit - verbunden mit der Erkenntnis, dass im nächsten Spiel gegen Spanien am Mittwoch (12.06.2019, 18:00 Uhr) vieles besser werden muss, um den zweiten WM-Sieg einfahren zu können. Diese Partie werde ihre Mannschaft "mit frischem Mut und neuer Energie" angehen, sagte Voss-Tecklenburg. Ob alle Spielerinnen, die gegen China Blessuren davontrugen, bis zum Anpfiff wieder fit werden, wird sich erst in den kommenden Tagen zeigen.
FIFA Frauen WM 2019
Deutschland : China
08.06.19 15:00 Uhr, Spieltag 1 · Vorrunde, Gruppe B
Fakten und Zahlen zum Spiel
Ergebnis
Tore
Strafen
Bes. Vorkommnisse
Ort
Stadion
Zuschauer
Schiedsrichter
Stand: 08.06.19 16:57 Uhr