Die deutsche Läuferin Irmgard Bensusan bei der Siegerehrung. © imago/Beautiful Sports

Leichtathletik

Silber und Bronze für Bensusan und Ulbricht - Popow "dumm"

Auf Gold hatte die 25-Jährige spekuliert - Silber hat sie gewonnen. Weltrekordlerin Irmgard Bensusan musste sich über 200 Meter letztlich klar geschlagen geben. Über 100 Meter lief auch Thomas Ulbricht zu einer Medaille. Dagegen ging Heinrich Popow etwas überraschend leer aus. Auch die Frauen-Staffel und Weitspringer Rill blieben ohne Medaillen.

Auf der 200-Meter-Distanz in der Klasse T44 war am späten Donnerstagabend (MESZ) nur Marlou van Rhijn schneller als Irmgard Bensusan. Die siegreiche Niederländerin - Spitzname "Blade Babe" - gewann in einer Zeit von 26,16 Sekunden und war damit 64 Hundertstel schneller als die Deutsche. Die 25-jährige in Südafrika geborene Bensusan die bereits im Vorlauf die zweitbeste Zeit gelaufen war, konnte aber Silber gegen die Französin Marie-Amelie le Fur (27,11 s) verteidigen. Nach Platz zwei über 400 Meter war es bereits die zweite Silbermedaille für Bensusan in Rio, auf dieser Distanz war Le Fur noch schneller als die Deutsche.

Direkt nach dem Zieleinlauf war Bensusan die Freude über die Medaille noch nicht anzusehen. Ein paar Minuten später sagte sie dann aber im ZDF: "Ich habe von so einer Medaille geträumt, seit ich drei Jahre alt war. Überhaupt, dass ich hier bin, ist ein großer Traum." Seit einem Unfall im Hürdenlauf hat Bensusan, deren Mutter Deutsche ist, eine Lähmung im rechten Unterschenkel. Gegen die an beiden Unterschenkeln amputierte van Rhijn, habe sie letztlich keine Chance gehabt, so Bensusan: "Ich glaube, mit zwei Unterschenkeln ist es schwerer. Aber ich habe mein Bestes gegeben."

Ulbricht über 100 Meter zu Bronze

Seine erste Bronzemedaille in seiner zwölfjährigen Paralympics-Karriere konnte anschließend Thomas Ulbricht feiern. Der 31-jährige sehbehinderte Berliner lief im 100-Meter-Rennen der Klasse T12 auf den dritten Rang. In 11,39 Sekunden musste er sich dem siegreichen Kubaner Leinier Savon Pineda (10,97 s) und dem Südafrikaner Ndodomzi Jonathan Ntutu (11,09 s) geschlagen geben. Mit einem starken Schlussspurt konnte sich Ulbricht auf den letzten 20 Metern noch deutlich vom letztlich viertplatzierten Aserbaidschaner Elmir Jabrayilov absetzen. Für den Fünfkampf-Weltmeister von 2006 war die Bronzemedaille sein zweites paralympisches Edelmetall: 2008 in Peking wurde er ebenfalls im Fünfkampf Zweiter.

Popow nur Vierter über 100 Meter

Der deutsche Leichtathlet Heinrich Popow © imago/Beautiful Sports

Popow verpasste über 100 Meter die angestrebte Medaille.

Etwas überraschend ohne Medaille blieb im 100-Meter-Rennen in der Klasse T42 anschließend der beinamputierte Heinrich Popow. Der 100-Meter-Sieger von London und Weltmeister von 2011 und 2013 kam in Rio in 12,46 Sekunden nur auf den vierten Rang. Dabei lag er lange auf Bronze-Kurs. Kurz vor dem Ziel wurde der 33-jährige Leverkusener aber noch vom Briten Richard Whitehead abgefangen. Der an beiden Unterschenkeln amputierte 40-jährige Whitehead war nach dem Start noch Vorletzter, auf den letzten 20 Metern flog er aber an der Konkurrenz vorbei. Am Ende reichte es für ihn in 12,32 Sekunden sogar für Silber - zusammen mit dem exakt zeitgleichen Dänen Daniel Wagner. Einen überlegenen Start-Ziel-Sieg feierte der Australier Scott Reardon in 12,26 Sekunden.

Popow: "Das war dumm von mir"

Popow ärgerte sich nach dem Rennen über die verpasste Podestchance: "Das war dumm von mir. Ich sage allen immer: 'Macht es wie kleine Kinder, denkt nicht so viel nach.' Ich bin alt, ich habe leider nachgedacht und nach 80 Metern meinen Laufstil geändert. Im Alter wird man halt nicht schlauer", sagte er frustriert. Eine weitere Gold-Chance hat Popow am Samstag ab 15.45 Uhr (MESZ) im Weitsprung, wo er seit diesem Jahr Weltrekordler ist. Dann wird der gebürtige Kasache vermutlich zum letzten Mal einen paralympischen Wettkampf bestreiten. "Das sind meine letzten Paralympics", sagte Popow am Donnerstagabend: "Die WM in London 2017 mache ich noch, dann schaue ich noch, was mit der EM 2018 in Berlin ist."

Platz vier für Frauen-Staffel

Die deutsche Läuferin Claudia Nicoleitzik © dpa - Bildfunk Foto: Jens Buettner

Nicoleitzik (re.): "Bei der Staffel kann immer alles passieren".

Auch die 4x100-Meter-Staffel der Frauen in der Klasse T35-38 und Weitspringer Dennis Rill blieben ohne Medaille. Für die Staffel-Frauen mit Lindy Ave, Maria Seifert, Nicole Nicoleitzik und Claudia Nicoleitzik wurde als Vierte in 56,04 Sekunden nichts mit der erhofften Medaille. Das mögliche Bronze ließ das deutsche Quartett bei den Wechseln liegen, vor allem der zweite und dritte Wechsel lief unrund. Dennoch kamen die deutschen Frauen mit Saisonbestzeit von 56,04 Sekunden ins Ziel. So war das Quartett auch nicht unzufrieden. Stellvertretend sagte Claudia Nicoleitzik im ZDF: "Man kann nicht meckern. Bei der Staffel kann immer alles passieren. Aber wir haben das super hinbekommen." Den Sieg sicherte sich das Quartett aus China in Weltrekordzeit von 50,81 Sekunden. Platz zwei ging an die Britinnen in 51,07 Sekunden. Knapp vor den Deutschen wurde Australien in 55,09 Sekunden Dritter.

Weitspringer Rill wird Siebter

Im Weitsprung der Männer in der Klasse T38 kam Dennis Rill auf den siebten Rang. Mit 5,03 Metern blieb der 18-jährige Wattenscheider knapp einen halben Meter unter seiner persönlichen Bestleistung (5,51 m). Aber auch eine neue Bestmarke hätte dem Deutschen keine Medaille beschert. Für Gold musste der Chinese Jianwen Hu 6,64 Meter weit und damit neuen paralympischen Rekord springen, Silber ging mit 6,59 Metern an seinen Landsmann Huanghao Zhong. Bronze sicherte sich Neille Dyan Buis in 6,58 Metern.

Fünf Weltrekorde in der Nachtsession - vier nach China

Neben der 4x100-Meter-Staffel der Frauen gab es auch in anderen Wettbewerben Weltrekorde - die meisten davon gingen nach China. So siegte auch die chinesische Rollstuhl-Staffel über 4x400 Meter in der Klasse T53/T54 sitzend in neuer Weltbestmarke (3:32,11 min). Im Kugelstoßen der Frauen in der Klasse F35 stehend warf die Chinesin Jun Wang mit 13,91 Metern ebenso eine neue Bestmarke. Zumindest der fünften Weltrekord des Abends ging dann aber nach Tunesien. Im Diskuswirf in der Klasse F41 siegte Raoua Tlili in 33,38 Metern.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 19.09.2016, 10.00 Uhr

Stand: 16.09.16 01:12 Uhr