Säbelfechter Max Hartung © imago/nordphoto/Straubmeier Foto: imago/nordphoto/Straubmeier

Fechten

Fechter erstmals seit 1980 ohne Olympiamedaille

Das Olympia-Aus der deutschen Fechter hat historische Ausmaße. Lediglich vier Athleten gingen in Rio de Janeiro ins Duell - weniger waren es zuletzt vor 60 Jahren. In die Nähe einer Medaille kam keiner.

Als die letzte deutsche Medaillenhoffnung Matyas Szabo knapp geschlagen die Planche in Rio verließ, war die historische Olympia-Pleite der deutschen Fechter perfekt. Erstmals seit 36 Jahren holte die einstige deutsche Vorzeigesportart kein Edelmetall bei Sommerspielen - daran konnten auch die Säbelspezialisten Szabo und Max Hartung (beide Dormagen) nichts ändern. "Wenn man bei Olympischen Spielen keine Medaille holt, ist man natürlich enttäuscht", sagte Dieter Lammer, Präsident des Deutschen Fechter-Bundes (DFeB): "Wir waren ja die ganze Zeit in der Kritik. Die Kritik wird jetzt nicht noch größer werden. Wir müssen nach vorne blicken und schauen, dass sich das in Tokio nicht wiederholt."

Tür zu einem Podestplatz stand weit offen

In Rio stand die Tür zu einem Podestplatz weit offen. Der Weltmeister und Weltranglistenerste Alexej Jakimenko (Russland), der beiden deutschen Säbelfechtern auf dem Weg zu einer Medaille hätte in die Quere kommen können, verlor überraschend in der ersten Runde. Sogar ein deutsches Viertelfinale schien möglich. Doch zunächst verlor Hartung im Achtelfinale gegen Vize-Weltmeister Daryl Homer 12:15, eine Runde später unterlag Szabo mit 12:15 ebenfalls dem US-Fechter. Zuletzt hatte es 1980 in Moskau keine Olympia-Medaille für deutsche Fechter gegeben - damals boykottierte die Bundesrepublik die Spiele.

Hartung: "Wir müssen hart arbeiten"

Die deutsche Fechterin Carolin Golubytskyi wird während ihres Wettkampfs verarztet. © picture alliance / dpa Foto: Felix Kästle

Zog sich eine Knieverletzung zu: Carolin Golubytskyi.

"Ich bin natürlich tief enttäuscht. Es hätte schon locker ins Halbfinale gehen können. Die Chance habe ich nicht genutzt. Das macht mich schon traurig", sagte Hartung und blickte mit einigen Sorgen in die Zukunft: "Wir müssen hart arbeiten. Im Säbel haben wir recht gute Karten für 2020, in den anderen Waffen muss viel passieren." Denn für den (DFeB) ist das medaillenlose Abschneiden ein weiterer Tiefpunkt. Nach der desaströsen Olympiaqualifikation, in der fast alles schief ging, was schief gehen konnte, hatte der Verband zumindest auf eine Medaille gehofft. Obwohl lediglich vier Fechter, das kleinste Team seit 60 Jahren, in Rio teilnahmen. Auch Topstar und Peking-Olympiasiegerin Britta Heidemann hatte sich nicht für die Spiele qualifiziert.

Doch die "Schadensbegrenzung" blieb aus, nach dem Aus des viermaligen Einzel-Weltmeisters Peter Joppich (Koblenz) am Sonntag (07.08.2016) gab es auch am Mittwoch (10.08.2016) kein Edelmetall zu bejubeln. Zu allem Überfluss verletzte sich Florettfechterin Carolin Golubytskyi bei ihrer Auftaktniederlage gegen die Polin Hanna Lyczbinska am Knie. Es droht ein Außenbandriss und eine lange Pause.

Tiefgreifende Reformen nötig

Das deutsche Fechten steht nun vor einem kompletten Neustart. Ohne tiefgreifende Reformen wird es die einstige deutsche Vorzeigesportart erst einmal nicht zurück in die Weltspitze schaffen. "Wir wissen ganz genau, was auf uns zukommt. Wir werden die Arschbacken zusammenkneifen", sagte Sportdirektor Sven Ressel. Lange übertünchten die Erfolge einzelner Top-Athleten wie Heidemann oder Joppich die Probleme im deutschen Verband. Inzwischen sind die Deutschen von weiten Teilen der Topnationen abgehängt worden. "Wer ganz oben ist und dann tief fällt - das wird natürlich anders wahrgenommen. Wir sind immer mit Erfolg in Verbindung gebracht worden", sagte Ressel: "Mir macht Hoffnung, dass die anderen Nationen irgendwann auch nicht mehr der Lage sein werden, die finanziellen Mittel permanent in dieser Höhe auszugeben wie sie es momentan tun."

Auch hausgemachte Probleme

Ähnlich sieht es Szabo: "Wir können einfach nicht mithalten mit anderen Nationen. Die haben Profi-Fechter. Ich muss studieren und versuchen, irgendwas aus meinem Leben zu machen, wenn ich fertig bin hiermit." Doch es kamen auch hausgemachte Probleme hinzu. Lothar Blase wurde im Dezember 2014 zum Verbandspräsidenten gewählt, trat aber nach nur etwas mehr als einem Jahr zurück. Er habe nicht die angedachten strukturellen Ideen umsetzen können, hieß es damals. Im September wird ein neues Präsidium gewählt.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr

Stand: 10.08.16 22:35 Uhr