US-Nationalspielerin Megan Rapinoe beim Torjubel. © dpa picture alliance/DPPI Media Foto: Melanie Laurent

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Megan Rapinoe geht nicht nur auf dem Rasen voran

Sie ist Angreiferin auf dem Feld - und Anführerin neben dem Platz: US-Fußball-Nationalspielerin Megan Rapinoe geht immer und überall voran. Sei es für den Erfolg beim Fußballspiel oder für Gerechtigkeit im Gerichtssaal.

Ausrechnet Megan Rapinoe: Mit ihren Treffern zwei und drei beim Turnier in Frankreich hat die eigenwillige und unerschrockene Angreiferin die Titelverteidigerinnen aus den USA im Achtelfinale gegen Spanien am Montag (24.06.19) ins WM-Viertelfinale geschossen. US-Präsident Donald Trump dürften die Bilder nicht gefallen haben, die da nach dem Schlusspfiff aus dem französischen Reims über die heimischen Bildschirme flimmerten: Rapinoe wird als Matchwinnerin gefeiert, Rapinoe formt freudestrahlend das Victory-Zeichen mit den Fingern, Rapinoe hält die Trophäe als "Spielerin des Spiels" im Arm.

An der 33-jährigen Kapitänin des Nationalteams scheiden sich die Geister, sie wird von einigen Landsleuten in den USA als "Enfant terrible" gesehen. Die exzentrische Fußballerin ist nicht nur wegen ihrer pink-gefärbten Haare eine schillernde Persönlichkeit und anders als viele andere: Aus Protest gegen den US-Präsidenten singt sie die Nationalhymne nicht mit, sie schleudert stattdessen dem "Anführer der freien Welt" über die sozialen Netzwerke gerne mal ein "F*** you" entgegen.

"Wir dürfen uns nicht zurücklehnen"

Im Stade Auguste-Delaune in Reims gehörten Rapinoe am Dienstag die Sympathien ihrer Landsleute uneingeschränkt: Als sie in der Nachspielzeit ausgewechselt wurde, gab es großen Applaus von den US-Fans.

Nach dem Spiel blickte sie bereits wieder voraus, sprach mit den Journalisten über das bevorstehende Viertelfinal-Duell am Freitag (28.06.19, 21.00, Live-Ticker auf sportschau.de) mit Gastgeber Frankreich - für nicht Wenige ist das das vorweggenomme Endspiel der Weltmeisterschaft. "Wir müssen sehr gut organisiert sein, denn die Französinnen sind sehr gut mit dem Ball", sagte die Kapitänin mit Blick auf das Duell zweier Favoriten: "Wir dürfen uns auf keinen Fall zurücklehnen."

"Stiller" Protest geht bis auf Weiteres weiter

US-Nationalspielerin Megan Rapinoe (M.) wird von Trainerin Jill Ellis (l.) auf dem Feld beglückwünscht. © imago images

Im Team von Trainerin Jill Ellis (l.) ist Megan Rapinoe als Kapitänin gesetzt.

Diese "Gefahr" besteht zumindest bei Rapinoe selbst mitnichten. Der Fußball ist für die 33-Jährige mittlerweile vor allem ein Mittel zum Zweck: Die Weltmeisterin von 2015 und Olympiasiegerin von 2012 nutzt ihre Bekanntheit, um als Aktivistin auf die Missstände in ihrer Heimat aufmerksam zu machen. "Als ich älter geworden bin, habe ich erkannt, wie mächtig eine Stimme sein kann - meine Stimme, und die Stimme der Mannschaft", sagte Rapinoe dem englischen "Guardian" vor Beginn der WM-Endrunde in Frankreich.

Bevor sie ihre Stimme aber wieder zum Singen der Hymne erhebt, muss noch viel passieren. Erst müsse das Strafrecht reformiert sowie die Rechte der Lesben und Schwulen gestärkt werden, betonte Rapinoe - vorher werde ihr kein Ton über die Lippen kommen.

Patrioten fordern immer wieder Rapinoes Rauswurf

Wegen dieser Einstellung ist die Offensivspielerin des Seattle Reign FC, die sich 2013 als erste US-Nationalspielerin offen zu ihrer Homosexualität bekannte, bei ihren patriotischen Landsleuten nicht besonders beliebt. Aus deren Reihen wird immer wieder der Rauswurf Rapinoes aus dem Nationalteam gefordert. Schließlich war die gebürtige Kalifornierin die erste weiße Person und die erste Frau, die sich 2016 dem "Knie-Protest" von Football-Quarterback Colin Kaepernick gegen Rassismus und Polizeigewalt anschloss.

Das gefiel dem US-Establishment gar nicht. Rapinoe, deren Zwillingsschwester Rachel ebenfalls Profifußballerin ist, durfte erst wieder im Nationalteam mitspielen, als sie beim Star-Spangled Banner aufrecht stehen blieb. Nationaltrainerin Jill Ellis weiß aber, was sie an der Angreiferin (156 Länderspiele/47 Tore) hat - und lässt sie auf dem Feld als Kapitänin vorangehen.

Juristischer Kampf gegen Geschlechterdiskriminierung im Fußball

Für den US-Fußballverband ist Rapinoe trotz ihrer spielerischen Qualitäten eine Art "Quälgeist", denn sie war eine von insgesamt fünf Spielerinnen, die den Verband wegen Geschlechterdiskriminierung verklagten. Als Rapinoe und Co. im Frühjahr von einem Bundesgericht das Recht zugesprochen wurde, weiter juristisch gegen die schlechtere Bezahlung im Vergleich zu den männlichen Kollegen vorgehen zu dürfen, schloss sich das gesamte Team den Vorkämpferinnen an.

In Frankreich soll nun aber erst einmal der nächste sportliche Erfolg her: Am 7. Juli wollen die Amerikanerinnen in Lyon ihren vierten WM-Titel feiern. Bei der Siegerehrung würde der Pokal an die Kapitänin und Anführerin der Mannschaft überreicht werden - an Megan Rapinoe.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 24.06.2019 | 17:35 Uhr

Stand: 25.06.19 13:51 Uhr