Deutsches Team

DFB-Frauen konzentriert und mit Spaß ins China-Spiel

von Florian Neuhauss aus Rennes

Mit dem Spiel gegen China starten die DFB-Frauen in die WM in Frankreich. Ein guter Auftakt soll Schwung für die weiteren Partien geben - auch die Bundeskanzlerin drückt die Daumen.

Bundestrainerin müsste man sein. Martina Voss-Tecklenburg wacht dieser Tage jeden Morgen mit einem Lächeln auf - und das liegt nicht nur an den bequemen Betten im Vier-Sterne-Hotel Domaine de Cicé-Blossac im beschaulichen Bruz. "Ich spüre die Vorfreude in mir und bin stolz. Ich freue mich auf alle Momente bei der WM und glaube, man merkt mir die Positivität auch an. Aber ich spüre sie auch bei allen anderen", sagte die 51-Jährige am Tag vor dem WM-Auftaktspiel gegen China am Samstag (08.06.2019/live im Ersten und bei sportschau.de). Unterstützung hat Voss-Tecklenburg dabei vom höchster Stelle bekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe sich telefonisch gemeldet, um ihr und dem Team alles Gute zu wünschen, teilte der DFB mit. Im Gespräch habe sich Merkel "sehr interessiert und informiert gezeigt".

Die Spielerinnen haben derweil vor dem Spiel noch ein wenig Zeit zum Abschalten bekommen. Am Donnerstag (6.6.19) nutzten viele Spielerinnen den freien Nachmittag dazu, gemeinsam das nahegelegene Rennes zu erkunden. "Unser Motto ist 'Wir im Team', und das ist nicht nur ein Spruch", sagte Vize-Kapitänin Svenja Huth. "MVT" gibt ihren Spielerinnen bewusst Freiräume: "Zu viel Druck und Verbissenheit tut nicht gut." Das neu zusammengestellte Team sei zwar noch jung, aber auch schon reif. "Früher habe ich auch mal Druck weitergegeben, weil ich dachte, dass es so richtig wäre. Aber ich habe mich in meiner Persönlichkeit verändert - zum Besseren, glaube ich", betonte Voss-Tecklenburg und lachte. "Ich gebe den Spielerinnen Vertrauen. Sie wissen, was ihnen guttut."

Voss-Tecklenburg verschafft sich Überblick

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (o.r.) und ihre Mannschaft © sportschau.de Foto: Florian Neuhauss

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (o.r.) beobachtet ihr Team vom Stahl-Podest aus.

Das heißt natürlich nicht, die neue Bundestrainerin hätte irgendetwas dem Zufall überlassen. Voss-Tecklenburg und ihr Trainerteam haben die Mannschaft sehr konzentriert vorbereitet. In den Trainingseinheiten, die das Team meist im von Hotel ungefähr eine Viertelstunde entfernten Pont Péan absolvierte, erklomm die Bundestrainerin so manches Mal ein rund drei Meter hohes Stahl-Podest. Aus der Vogelperspektive gab sie lautstark Anweisungen und korrigierte. Am Boden waren ihre Co-Trainer Britta Carlson, Thomas Nörenberg und Patrik Grolimund viel unterwegs und unterbrachen auch schon mal die Einheiten, um die Spielerinnen auf Fehler und bessere Lösungsmöglichkeiten hinzuweisen. Zugleich habe das Trainerteam die Mannschaft aufgefordert, Bescheid zu sagen, wenn sie mal eine ruhigere Einheit brauchte, erklärte die Cheftrainerin. So soll das Team mit Frische und Spritzigkeit ins Spiel gehen.

"Keine großen Gedanken machen, sondern spielen"

Die Chinesinnen wurden mehrfach unter die Lupe genommen. Doch das Gesicht der Mannschaft habe sich immer wieder verändert, erklärte die Bundestrainerin. Deshalb galt die Konzentration Chinas Generalprobe gegen Frankreich - in der noch mal drei Spielerinnen zum Einsatz kamen, die zuvor keine Rolle gespielt hätten. Carlson hatte die Partie vor Ort verfolgt und wurde so Zeugin, wie beachtlich sich Deutschlands Vorrundengegner beim 1:2 gegen den WM-Gastgeber schlug. "Vorne haben sie sehr, sehr gute Spielerinnen, die sehr kreativ und gut kicken können", weiß Dzsenifer Marozsán. "Wir müssen schauen, dass wir die erste Reihe überspielen. Dann wird sich sicherlich Platz für uns ergeben und die Chinesinnen bekommen Probleme." Kapitänin Alexandra Popp sieht ihr Team im Vorteil - wenn der Kopf mitspielt: "Es ist wichtig, dass wir unsere Qualität auf den Platz bringen und sich keiner große Gedanken macht." Die Mannschaft könne befreit auftreten. "Diesmal hat uns keiner gesagt, wir müssen mit dem Titel wiederkommen. Unser Plan ist, einfach mal ruhig Fußball zu spielen."

China ist nicht zu unterschätzen

Jubel bei den französischen Fußballerinnen nach dem Tor zum 1:0 im Test gegen China © imago images / PanoramiC

Gegen WM-Gastgeber Frankreich verlor China Ende Mai nur 1:2.

Popp und Co. werden aber nicht den Fehler machen, China zu unterschätzen. "Ich erinnere mich noch sehr genau, dass wir mal bei der U20-WM 5:5 gegen China gespielt haben", sagte Mittelfeldmotor Sara Däbritz mit einem Grinsen, um dann ernst hinzuzufügen: "Die Duelle mit China bei Olympia (1:0) und beim Algarve Cup (2:0) waren sehr enge Spiele, die wir nur knapp gewonnen haben." Seitdem ist allerdings einiges an Zeit ins Land gegangen, und das Team hat sich neu aufgestellt. "Was man so mitbekommt, sind die Ambitionen wieder gewachsen", berichtete ARD-Frauenfußball-Expertin Nia Künzer und prognostizierte: "Das wird kein entspannter Auftakt." Voss-Tecklenburg hat ihrem Team deshalb eingebläut, dass jede Spielerin an ihre Leistungsgrenze gehen muss. "Mutig, offensiv und kreativ" sollen sie agieren, "immer den Zugriff haben und handlungsschnell sein".

"MVT" kündigt Wechsel in der Startelf an

Einen weiteren Beleg für die gute Stimmung im DFB-Tross gab es noch bei der Pressekonferenz zum Spiel. Nachdem Huth die Trainerin und ihr Team in den höchsten Tönen gelobt hatte, warf Voss-Tecklenburg schlagfertig ein: "Also du spielst morgen." So sicher dürfen sich nicht alle Spielerinnen sein. Die Bundestrainerin kündigte Veränderungen in der Startelf im Vergleich zur Generalprobe gegen Chile an. Beim öffentlichen Training wechselte sie im Laufe des Abschlussspiels auf den Außenbahnen durch. Die Rotation könnte zum Beispiel Verena Schweers in die Startelf spülen, aber auch Lina Magull oder Kathrin Hendrich.

In welcher Besetzung auch immer, jetzt geht es endlich los. Wobei: "Im Trainerteam denkt man schon ab und zu, dass wir gern noch eine weitere Einheit gehabt hätten", sagte Voss-Tecklenburg. "Aber wir sind wirklich gut vorbereitet." Trotzdem geht sie davon aus, dass die Aufregung immer mehr steigt, je näher das Spiel rückt: "Dann werde ich bestimmt auch mal Magengrummeln und feuchte Hände bekommen." Um den Sonntagmorgen zu retten, sollte die Mannschaft gegen China einen Auftaktsieg einfahren.

Deutsches Team

Das deutsche Aufgebot für die WM in Frankreich

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 08.06.2019 | 16:00 Uhr

Stand: 07.06.19 19:49 Uhr