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Künzer: "Schweden hat sehr viele Rechnungen offen"

Europäische Dominanz, Selbstkritik im deutschen Team und ein vorweggenommenes Finale: Sportschau.de hat ARD-Frauenfußball-Expertin Nia Künzer zum Viertelfinal-Check gebeten.

Nia Künzer köpfte Deutschland 2003 mit ihrem Golden Goal gegen Schweden zum ersten Weltmeistertitel. Als vier Jahre später der zweite Triumph folgte, arbeitete die heute 39-Jährige schon für die ARD als Frauenfußball-Expertin. Aktuell kämpfen die DFB-Frauen in Frankreich um den dritten Stern. Nun stehen die Viertelfinals an. Sportschau.de hat mit der ehemaligen Nationalspielerin über die wichtigsten Themen gesprochen. Künzer über ...

... die bisherigen Leistungen der DFB-Frauen

Die ehemalige Fußball-Nationalspielerin Nia Künzer © ARD Foto: André Müller

Nia Künzer ist schon seit 13 Jahren ARD-Frauenfußball-Expertin.

Bei neun Punkten aus der Gruppenphase und einem 3:0-Erfolg im Achtelfinale kann man gar nicht groß kritisieren. Allerdings wissen alle, dass es fußballerisch sicher schöner geht. Da sind die Spielerinnen ja auch sehr selbstkritisch. Vielleicht ist es aber auch nur immer dieser extreme deutsche Anspruch, attraktiv und erfolgreich zu spielen. Andere Nationen wären sicher schon zufrieden, wenn sie "nur" erfolgreich wären. Trotz aller Selbstkritik strahlt die Mannschaft aber auch Zusammenhalt und Optimismus aus. Ich finde, dass die Balance stimmt.

... Viertelfinal-Gegner Schweden

Ich muss schon grinsen, wenn ich mir die Ergebnisse bei großen Turnieren angucke. Es ist faszinierend, wie viele Rechnungen Schweden noch mit Deutschland offen hat. In der K.o.-Phase haben wir Schweden eigentlich immer geschlagen. Aber Obacht! Die Schwedinnen haben ihr Achtelfinale mit Ruhe, Geduld und großer Effektivität gewonnen. Kanada hatte wohl nicht seinen besten Tag, aber so zu gewinnen, war durchaus beeindruckend. Und dann haben sie eben sicher auch noch Revanche-Gedanken.

... sieben europäische Teams unter den letzten Acht

Europas Dominanz ist schon sehr auffällig. Natürlich gab es knappe Entscheidungen, dazu gehört aber auch das Spiel USA - Spanien. Es hätten sogar acht europäische Teams sein können. Dass vor dem Turnier die Olympia-Quali als Ziel ausgegeben worden ist, zeigt, dass es ein Bewusstsein dafür gab, wie schwer es wird, unter die Top Drei Europas zu kommen. Aber dass es jetzt fast alle europäischen Teams ins Viertelfinale geschafft haben - alle Achtung. Das Tableau hat sicher auch eine Rolle dabei gespielt. Aber die europäische Dominanz ist nicht zu bestreiten.

... die Qualität der WM insgesamt

Ich bin zufrieden, weil ich viele sehr unterhaltsame Spiele gesehen habe - gerade im Achtelfinale. Den Videobeweis klinke ich mal aus, wobei der auch seinen Anteil hatte, von lachend bis weinend. Natürlich gab es temporeiche Spiele und mal weniger Torraumszenen. Aber so ist Fußball, da können schon zwei Halbzeiten sehr unterschiedlich sein. Die Atmosphäre in den Stadion war bei den Spielen, die ich vor Ort gesehen habe, super. Und wenn man sieht, wie viele Fans die Holländerinnen und die USA mobilisieren, macht das wirklich Spaß. Die Spiele der Französinnen sowieso. Aber schauen wir mal, wie lange die noch dabei sind.

... das "vorweggenommene Endspiel" Frankreich - USA

Dass die Gastgeberinnen und die Titelverteidigerinnen bereits im Viertelfinale aufeinandertreffen, ist natürlich der absolute Wahnsinn. Beide Nationen wurden schon vorher als Top-Favoriten gehandelt - und haben den Eindruck durch sehr starke Auftritte bestätigt. Ohne überheblich sein zu wollen, muss man ehrlicherweise sagen, dass Deutschlands Weg etwas leichter wirkt. Aber man darf niemanden unterschätzen. Für Frankreich und die USA ist die Konstellation natürlich Lospech, für die anderen Losglück.

Aufgezeichnet von Florian Neuhauss aus Rennes

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 29.06.2019 | 14:30 Uhr

Stand: 27.06.19 07:00 Uhr