Deutsches Team

Giulia Gwinn: Alleskönnerin und Spielentscheiderin

von Florian Neuhauss aus Rennes

Eigentlich hatte Giulia Gwinn gar keinen besonders guten Tag. Doch die Nationalspielerin vom SC Freiburg entschied das Auftaktspiel der DFB-Frauen gegen China - und rührte ihren Vater zu Tränen.

Spätestens als Giulia Gwinn nach dem WM-Auftaktspiel der DFB-Frauen in Rennes gegen China ihren Vater sah und umarmte, wusste sie, wie wichtig ihr zweites Länderspiel-Tor gewesen ist. "Mein Vater weint eigentlich nie, aber er hatte Tränen in den Augen", sagte die erst 19 Jahre alte Siegtorschützin, deren Eltern ihren Weg durch das Turnier in Frankreich mit dem Wohnmobil begleiten. "Sie platzen fast vor stolz", fügte die offizielle Spielerin des Spiels hinzu, die nach der Weltmeisterschaft vom SC Freiburg zum Vizemeister Bayern München wechselt. Die Freude sei "grenzenlos", die Glückwünsche prasselten nur so auf sie ein - auch von den Mitspielerinnen. "Sie ist trotz ihres Alters schon eine gestandene Bundesliga-Spielerin, die viel Talent mitbringt", befand Melanie Leupolz.

Rechtsaußen, Linksaußen, Linksverteidigerin

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hatte Gwinn wie erwartet von Beginn an das Vertrauen geschenkt. Doch so recht wollte es der Teenagerin nicht gelingen, sich gegen die Chinesinnen in Szene zu setzen. Erst als Rechtsaußen, dann links vorne. Zur Pause wechselte "MVT" dann Gwinns ehemalige Vereinskollegin Carolin Simon aus, so spielte sie in der zweiten Hälfte Linksverteidigerin. Das hielt die gebürtige Friedrichshafenerin aber nicht davon ab, in der 66. Minute nach einer Ecke von Dzsenifer Marozsán trocken vom Strafraum abzuziehen. "Das war ein wunderschönes Tor", lobte Sara Däbritz. Freudestrahlend beantwortete Gwinn nach der Partie alle Fragen der Journalisten, es war nur noch halb so schlimm, dass "wir von den Chinesinnen viel auf die Socken bekommen haben". Durch das Tor könne das Team nun durchschnaufen.

"Überragend und verdammt wichtig"

Ihr Vereins-Trainer bekam von alldem zunächst nichts mit. Jens Scheuer saß im Flugzeug auf dem Weg in den Urlaub, dort erreichte ihn sportschau.de telefonisch. "Als ich mein Handy wieder angemacht habe, hatte mir Mutter Gwinn schon geschrieben", berichtete der 40-Jährige, der ebenfalls zu den Bayern wechseln wird, lachend. Er habe die gute Nachricht zunächst gar nicht glauben können, sich aber schnell online selbst ein Bild vom Treffer gemacht: "Das war ein schönes Tor und ein verdammt wichtiges noch dazu. Überragend, ich habe mich total gefreut."

Überrascht hat es Scheuer aber nicht, weiß er doch um "das außergewöhnliche Talent" seines Schützlings. Er kenne keine andere Spielerin, die so ausdauernd und schnell zugleich sei. Flexibel sowieso: "Sie kann so viele Positionen spielen - und alle gut." Zwar hat auch der Coach trotz tausenden Kilometern Entfernung gehört, dass es eigentlich gar nicht so gut lief: "Giulias Mutter meinte, dass sie mit den ersten 45 Minuten gar nicht zufrieden war." Aber um ein Spiel zu entscheiden, braucht es oft nur eine Aktion. Und die rührt so manchen dann auch zu Freudentränen.

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Einzelkritik - Hegering überragt, Gwinn trifft herrlich

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 08.06.2019 | 16:00 Uhr

Stand: 09.06.19 10:43 Uhr