Deutsches Team

13 Ecken, ein Elfer - DFB-Frauen gehen ihren Weg

von Florian Neuhauss aus Grenoble

Der Videobeweis sorgte beim Spiel Deutschland gegen Nigeria für viel Unmut bei den Zuschauern. Doch die DFB-Frauen ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Auf ihre Standardstärke war Verlass.

Als Schiedsrichterin Yoshimi Yamashita auf Elfmeter für Deutschland entschied, brach im Stade des Alpes ein gellendes Pfeifkonzert los. Und auch als sich Sara Däbritz den Ball zurechtlegte, hatten sich die Zuschauer in Grenoble noch nicht beruhigt. Dabei richteten sich die Pfiffe nicht etwa gegen die Münchnerin oder ihr Team. Der zweite Videobeweis innerhalb weniger Minuten erhitzte die Gemüter. Schon nach dem 1:0 für Deutschland hatte sich Videoassistent Carlos del Cerro Grande bei der japanischen Unparteiischen gemeldet. Lange Minuten des Wartens folgten, wobei kaum jemand im Stadion wusste, was überhaupt passiert war. Vor dem Elfmeter hatten Yamashita und ihr Team dann eigentlich weiterlaufen lassen, bevor sich wieder der Spanier aus Paris meldete.

Die Pfiffe des Publikums waren nachvollziehbar, aber Däbritz gegenüber doch eine grobe Unsportlichkeit. "Ich habe das natürlich wahrgenommen, aber mir ist es gelungen, mich voll zu fokussieren", sagte die 24-Jährige hinterher. Besser hätte sie den Elfer kaum treten können, hart und platziert ins untere Eck. Das 2:0 war die Vorentscheidung. Am Ende siegte das deutsche Team mit 3:0, zog ins Viertelfinale ein und bekam hinterher SMS-Glückwünsche von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

"Haben es uns selbst schwer gemacht"

Die DFB-Frauen gehen ihren Weg einfach weiter. Die Bilanz aus den vier WM-Spielen mit 9:0 Toren und vier Siegen liest sich beeindruckend. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg betonte: "Wir freuen uns total. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir hier ins Viertelfinale eingezogen sind. Das ist eine besondere Leistung."

Eine Leistung, an der es aber durchaus noch Kritik zu äußern gäbe. Spielerisch blieb die Mannschaft erneut unter dem in der Vorbereitung gezeigten Niveau. "Wir haben es uns wieder selbst schwer gemacht, hätten einige Szenen besser ausspielen müssen", sagte Dzsenifer Marozsán, die nach ihrem Zehenbruch zum ersten Mal wieder auf der Bank saß - und sich freute, "dass mir die Mannschaft eine weitere Woche zur Genesung geschenkt hat". Wäre das Team in Bedrängnis geraten, hätte sie die Spielmacherin schon gegen Nigeria eingewechselt, erklärte "MVT". In der Runde der letzten Acht (29.6.19, 18.30 Uhr im Ersten und im Livestream) - gegen Schweden oder Kanada - werde "Maro" auf jeden Fall wieder zum Einsatz kommen. Die Hoffnungen auf mehr spielerische Linie sind natürlich eng mit Marozsán verbunden.

Schult kann die Pfiffe verstehen

Däbritz und Co. überzeugten derweil wie schon gegen China, Spanien und Südafrika vor allem mit viel Kampf- und Teamgeist. "Marina Hegering hat allein drei Schüsse abgewehrt", hatte die dadurch fast beschäftigungslose Nationaltorhüterin Almuth Schult mitgezählt. Und dann waren da wieder die Standards. "Sie waren der Schlüssel. Unsere Standards sind eine Waffe", erklärte Marozsán. Unzählige Freistöße, einen Strafstoß und insgesamt 13 Ecken verzeichnete Deutschland gegen Nigeria.

Eine dieser Ecken von Lina Magull köpfte Kapitänin Alexandra Popp zum 1:0 ins Tor. Ausgerechnet in ihrem 100. Länderspiel. "Als es dann plötzlich Videobeweis gab, war ich total irritiert. Ich wusste nicht, wieso, weshalb, warum", sagte die Jubilarin. Svenja Huth hatte im Sichtfeld von Nigerias Torhüterin Chiamaka Nnadozie und in abseitsverdächtiger Position gestanden. Dass der Videoassistent sich meldete, war genauso verständlich wie beim folgenden Elfmeter. "Aber dass schon zwei Minuten vergehen, bevor sich die Schiedsrichterin die Szene selbst noch mal anguckt, darf nicht sein", befand Schult. "Ich kann die Pfiffe verstehen."

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Einzelkritik - Glanzlos, aber kampfstark ins Viertelfinale

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 08.06.2019 | 16:00 Uhr

Stand: 23.06.19 09:00 Uhr