Desiree Ellis © imago images / PA Images

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Aus der Fleischfabrik auf den Nationaltrainer-Stuhl

von Olaf Jansen

WM-Debütant Südafrika hofft gegen China am Donnerstag (13.06.19, 21:00 Uhr, im Live-Ticker auf sportschau.de) auf seinen ersten Turniersieg. Auf der Trainerbank sitzt Desiree Ellis, die einst hart arbeiten musste, um sich ihren Traum von einer Fußballkarriere zu erfüllen.

Nach der Auftaktniederlage gegen Spanien (1:3) braucht Südafrika einen Sieg, um sich die Chance auf ein Weiterkommen zu bewahren. Vor dem wichtigen Spiel gegen die Asiatinnen sagt Ellis allerdings: "Locker bleiben! Das Team hat seinen Traum ja schon mit der WM-Teilnahme erreicht."

1993 beim Debüt von Südafrikas Frauenteam dabei

Die südafrikanische Fußball-Lehrerin weiß, wie sie den Druck von ihren Schützlingen nehmen kann - sie verfügt über jede Menge Erfahrung auf internationalem Niveau. Immerhin war sie Vize-Kapitänin im ersten offiziellen Länderspiel einer südafrikanischen Frauen-Nationalmannschaft. Im Mai 1993 erzielte sie beim 14:0 gegen Swaziland drei Treffer. 30 Jahre alt war sie damals bereits. Ab 2004 war sie dann acht Jahre lang Kapitänin der Mannschaft, kam dabei auf 32 Einsätze.

Sie, die noch zu Apartheid-Zeiten in der Nähe Kapstadts aufwuchs, hatte immer den Traum von einer Fußballkarriere vor Augen. Dafür wollte sie alles geben. Klar, dass dies im Südafrika jener Jahre schwierig war. Sie spielte auf der Straße, in Jungs-Teams, lief barfuß zur Schule, weil sie sich ihre Schuhe beim Fußball ruiniert hatte.

330 Einsätze bei "Spurs Ladies"

Als 1991 eine Frauenmannschaft entstand, war sie bei den "Spurs Ladies" in Kapstadt als mittlerweile 28-Jährige natürlich dabei. Zwischen 1991 und 2002 kam sie bei den Spurs auf die stolze Zahl von 330 Einsätzen. Was allerdings keineswegs bedeutet, dass Ellis während ihrer Karriere vom Fußball hätte leben können. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie nebenbei als Packerin in einer Fleischfabrik.

Wie hart die Bedingungen waren, verdeutlicht die Geschichte vom Ende dieses Jobs: Als sie mit dem Nationalteam auf eine zweitägige Auswärtsfahrt ging, versprach sie ihrem Arbeitgeber, rechtzeitig wieder zurück zu sein. Weil der Bus auf dem Rückweg aber eine Panne hatte, verpasste sie ihren Dienst. Kurzum wurde sie gefeuert.

Drei Jahre lang arbeitslos - wegen Fußball

"Drei Jahre lang war ich danach arbeitslos. Eine harte Zeit", sagt sie. Die aber den niedrigen Stellenwert des Fußballs in ihrem Land gut wiedergab. "90 Prozent meiner damaligen Nationalmannschafts-Kolleginnen waren arbeitslos. Heute sind 90 Prozent der aktuellen Spielerinnen in Beschäftigung. Sie studieren oder haben Jobs bekommen. Der Fußball öffnet Türen", sagt sie.

Nun ist Ellis mit einem südafrikanischen Team bei der WM. "In meinen wildesten Träumen habe ich das nicht vorhergesehen", sagt sie. Und daher sollte man mit Sieg-Forderungen nun auch vorsichtig sein, findet sie: "Ich bekomme Herzklopfen vor Aufregung, wenn ich jetzt vor einem WM-Spiel stehe. Es ist etwas so Großes." Und sie appelliert: "Lasst uns diese Auftritte vor allem genießen."

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | FIFA Frauen WM 2019 | 08.06.2019 | 16:00 Uhr

Stand: 12.06.19 17:16 Uhr